Wunderschönes Galizien

Panoramablick auf die Rias von Galizien

In den Rias Galiziens

„Der Mensch ist hier lediglich ein Zuschauer, denn in Wirklichkeit sind die Rias das Reich der Fische, Kormorane, Möwen und der unermüdlichen Seeschwalben. Letztlich jener, die das Meer und den Himmel beherrschen. Die galicischen Rias, lange Meeresarme, die in das Land hineingreifen, charakterisieren die Küste Galiciens und damit mit Sicherheit auch den Geist seiner Bewohner, eine geheimnisvolle und überraschende Fusion von Gegensätzen. Hier trifft Ozeanisches auf Terrestrisches, Magie auf Realität, Titanisches auf Menschliches. Eine Symbiose zweier verschiedener Wege, dem maritimen und dem ländlichen, die vielleicht am Ende in den Himmel führen….Oder ist es nicht dort, wo der Horizont und Träume zusammentreffen? Der 1498 km lange Küstenstreifen, der auch weithin bekannt für seine kulinarische Exzellenz ist, schenkt dieser Region Legenden, Kultur, Handel, Freizeit, atemberaubende Landschaften und 700 Strände. Von den ruhigen und stillen Gewässern, die die Strände der Rias Baixas umspülen und zur Erholung und zum Baden einladen bis zu den wütenden und wilden Rias Altas, die dem Wind und der Brandung ausgesetzt sind." (https://www.turismo.gal/) Es ist schon ein lang gehegter Wunsch von Thomas, diese Region mit dem Boot zu bereisen, denn was uns hier erwartet, wird uns mit Sicherheit verzaubern. Wir landen in den Rias Altas im Norden an und werden später einige der Rias Baixas kennen lernen.

Ria de Cedeira – Die Nebelria im grünen Glanz

Einer Legende zufolge sind die Männer und Frauen, die an der Küste leben, ursprünglich Kinder der Wale und Fische. Umringt von bis zu 600 Meter hohen Kliffs schmeckt die kleine Bucht Ria de Cedeira nach Salz und Ewigkeit. Wir finden, dass uns der Zufall nun gerade hierhin gebracht hat, ist ein weiteres kleines Glück auf unserer Reise. Die Ria Cedeira lässt uns das erste Mal in die Welt der galizischen Rias eintauchen, und da sie überschaubar ist, können wir dankbar das Neue an einem Tag erkunden. Morgens wälzt sich der Nebel über die hohen Berge in die Bucht, alles trieft vor Feuchtigkeit, im Verlaufe des Vormittags vertreibt die Sonne die Düsternis, alles erstrahlt und glitzert in sämtlichen Grüntönen, es duftet nach Wald und Meer. Mittags ergattern wir ein Plätzchen in der nahen Fischgaststätte, bei der die Einheimischen anstehen. Ein kleiner Kulturschock ist das schon. Die Spanier sind quicklebendig und sehr laut, gegessen wird mit den Händen und die Vielzahl der Tapas wird bei jeder Tischgesellschaft nach und nach vom quirligen Kellner kraftvoll platziert um dann einvernehmlich ohne Zögern geteilt zu werden. Es schmeckt. Staunend versuchen wir, uns schnell auf die Einheimischen einzustellen. Der Ort um die pittoreske Bucht sieht gepflegt und neu aus, nun ist es heiß und wir laufen die Flusspromenade entlang. Im Supermarkt gibt es Regionales in großzügigen Mengen. Wir betrachten fasziniert eine Fischtheke, die die Fülle der heimischen Meeresbewohner beeindruckend offenbart. Nachmittags setzen wir mit dem Dinghy in eine kleine Bucht über und klettern den sandigen Berghang hinauf, wandern ein kurzes Stück durch den duftenden und schattigen Eukalyptuswald zum nahen Leuchtturm und blicken auf die Flussmündung mit ihrem breiten Eingang, durch den wir gestern hier angekommen sind, den langen Sandstrand am Ende der Ria, die Wohnhäuser und weitere malerische Strände. Wir sind also nun da, wo die Spanier leben und Urlaub machen und es ist wunderschön hier.

Ria da Coruna, wo alle großen und kleinen Schiffe und Boote anlegen

Die Ria da Coruna ist die urbane Ria schlechthin, da ihre Westseite von der Stadt selbst gebildet wird und die Ostseite sozusagen eine Verlängerung derselben darstellt, wenn diese auch mit wunderbaren Stränden bespränkelt ist. Wir beschließen, vor Playa Mera vor Anker zu gehen und lassen die riesige Marina an Steuerbord liegen. So blicken wir auf das moderne A Coruna und haben dennoch ein reizendes Urlauberdörfchen direkt vor der Nase. Es zieht uns auch bald weiter in die nächste Flussmündung.

Ria de Camarinas, wo die Einheimischen und die Urlauber baden und das Fischerdorf noch ein Fischerdorf zu sein scheint

Es heißt: Ein Unhold im Norden, der beeindruckende Cabo Vilan und eine Heilige im Süden, Nosa Senora da Barca, heißen alle die willkommen, die in die Ria de Camarinas hereinfahren. Cabo Vilan mit seiner schroffen Steilküste, um vor den Gefahren dieser Gewässer zu warnen, die Jungfrau, um sie zu segnen und sie darum zu bitten, dass das Meer umsichtig mit den Menschen umgeht…. Wir sind aus der Ria de Coruna im Nebel gestartet. Dieser lichtet sich nur langsam und wir segeln an der schroffen Küste entlang, gemeinsam mit anderen Seglern. Zwei Norwegerboote halten sich immer nahe der Küstenlinie auf, um eventuellen Orca – Begegnungen auszuweichen, letztlich treffen wir uns während mehrerer enger Durchfahrten zwischen Inselchen und Küste alle wieder und manövrieren vorbei an Untiefen und spritzender Gischt. Der Wind ist mäßig und die Wellen klein und so haben wir Zeit, die bizarre Landschaft in uns aufzunehmen. Am Kap vor der Ria de Camarinas frischt der Wind auf einmal ordentlich auf und wir sausen in die schöne Badebucht, wo wir wieder glücklich vor Anker gehen. Es ist eine zurückgezogene Ria mit einem raffinierten Puzzle aus weißen Sandstränden, Pinienhainen und Felsen und wir genehmigen uns hier noch einen Ausruhtag länger, während unsere Nachbarn, zwei Amerikaner mit dem Catamaran namens Colibri, weiterfahren. Bei einem kleinen Schwätzchen im Vorbeifahren erfahren wir, dass sie schon viele Jahre mit Booten unterwegs waren. Sie kennen sowohl die Karibik als auch das Mittelmeer. Nun wollen sie nach Portugal an die Algarve. Wir haben dieses Boot schon mehrmals gesehen. Wer weiß, vielleicht begegnen wir uns wieder? Am Samstagnachmittag erkunden wir den kleinen Ort und befüllen vorsorglich zwei Eimer mit Sand für die Weiterfahrt in die Ria de Arousa.

Ria de Arousa, der größte Meeresarm Galiciens, ein Paradies

Dies wird eine gespenstische Nebelfahrt. Wir können es kaum fassen, aber von den vielen gefährlichen Kaps und schroffen Steilhängen bekommen wir fast nichts zu sehen. Der Nebel drückt aufs Gemüt. An Segeln ist nicht zu denken und so motoren wir Stunde um Stunde, um in die große Ria de Arousa zu gelangen. Hier klart es auf einmal auf und erleichtert biegen wir an den Strand von Reina ab. Damit wir auch unsere Gemüter beruhigen können, stellen sich tatsächlich zwei Delfinbegleiter ein. Dies ist nun also der größte Meeresarm Galiciens, die Mündung des Ulla und des Umia, ein Paradies mit Mikroklima, weitläufig und reich, dicht und bunt bebaut und allerdings auch mit zahlreichen Fischfarmen industriell genutzt. Die abwechslungsreichen Strände sind in großer Zahl zu finden und es gibt mehrere geschichtsträchtige Orte. Es fließen Milch, Honig und Wein, der gute Albarino, den wir natürlich auch kosten werden. Wir ankern vor Reina und wie zum Ausgleich für den trüben Tag bekommen wir beim Abendessen an Bord noch eine wunderbare „Delfinshow" geboten.

Vilagarcia, eine Perle am Rande der hohen Waldberge

Wir segeln bis nach Vilagarcia. Vor dem Strand der Stadt finden wir einen neuen, schönen Ankerplatz, setzen mit dem Dinghy in die Marina über und erkundigen uns, ob wir Gandalf am Folgetag auch hier parken dürfen. Unser Ziel ist schon seit Langem eine Fahrt nach Santiago de Compostela. Der nahe Bahnhof wird uns am kommenden Morgen Ausgangspunkt für einen spektakulären Ausflug sein.

Leben an Bord: Bootsarbeit!

Nun verlegen wir uns doch in die Marina und werden freundlich aufgenommen. Man muss es einfach gesondert erwähnen: Die Spanier sind freundlich und zugewandt und man spürt und erfährt wohlwollende Ehrlichkeit und Hilfsbereitschaft. Für alle die es noch nicht wissen: Das Leben auf dem Boot ist oft ein großes Vergnügen! Aber es gibt ungefähr genau so viele Tage voller Bootsarbeit wie „Urlaubstage". Versäumt man die Wartungsarbeiten, wird es zu Problemen führen, die die Zahl der Urlaubstage drastisch einschränken kann. Thomas steigt mehrmals auf den Mast, um die Mastkamera zu installieren und nach dem Windmesser zu schauen. Er ersetzt den Schlauch, der uns schon auf der Fahrt nach Großenbrode große Sorgen bereitet hat und säubert das Wassersystem. Der Wassermacher funktioniert endlich, aber die Pumpe klappert und muss begutachtet werden. Der Außenborder soll einen neuen Platz an der Granny Bar bekommen und und und... Zwei Tage Bootsarbeit, Wäschewaschen, Putzen, Backen und Kochen, danach eine herrliche Fahrrad/Wandertour zu einem hohen Aussichtspunkt und eine kleine Stadtbesichtigung am Abend.

O Grove, Fischfang, Muschelzucht und Touristenhochburg

Auf der Suche nach einem guten Startpunkt für die Weiterfahrt (vielleicht sogar bis Porto?) finden wir bei strömendem Regen und fauchenden Winden vor O Grove einen Platz zwischen Fischfarmen und ständig kursierenden, lauten Ausflugsbooten. Nicht ohne Schwierigkeiten: Zunächst hält der Anker nicht und beim Aufholen ziehen wir ein langes Fischernetz mit nach oben. Zum Glück gelingt es Ines, dieses mit dem Bootshaken wieder vom Anker zu lösen. Das ist ja nochmal gut gegangen. Aus dem Weiterfahren wird auch erst einmal nichts. Am Samstagmorgen stehen wir zwar pünktlich auf, aber beim Blick auf das Wetter mit doch höheren Wellen und Südwind verwerfen wir den Plan und bleiben noch einen Tag länger, sehen uns den Tourirummel mal von der Landseite an, spazieren durch den Ort und kaufen in der Markthalle prämierten Alberina (ein Genuss!). Und morgen soll es dann endlich weiter gehen.

Ria de Vigo, DIE ideale Bucht für Segel- und Wassersport

Eigentlich wollen wir bis Porto kommen. Wir spüren, dass es herbstlicher wird. Die Tage werden immer kürzer, die Winde wehen in immer kürzeren Abständen aus der für uns falschen Richtung, die hohen Wellen kehren dafür um so zuverlässiger immer häufiger wieder.. Der für Heute angesagte Nordwind setzt sich nur kläglich durch und so bleibt uns leider wieder nur der Motor, um voranzukommen. Wir fahren an den vorgelagerten Inseln vorbei, für die wir eigentlich nach genehmigtem Antrag eine Ankererlaubnis erteilt bekommen hatten. Auf Höhe der Ria de Vigo entscheidet der Skipper, dass an eine Fahrt bis Porto nicht zu denken ist, und so verschlägt uns der Zufall für längere Zeit in diese Ria, die ihren Namen der großen Industrie– und Handelsstadt verdankt. Es gibt viele Marinas unterschiedlichster Größe und etliche malerische Buchten. Thomas hat eine versteckte, Schutz bietende Ankerstelle bei A Portela gefunden, zu der wir bis tief in die Bucht eintauchend fahren. Dabei motoren wir auch unter einer gigantischen Hängebrücke hindurch. Den Anker werfen wir auf schlammigen Grund und wir werden in den kommenden Tagen von immer mehr Fischernetzen umsponnen, die von Einheimischen hier morgens ausgelegt werden. Ob wir hier jemals wieder heil heraus kommen?

Von der Punta da Portela hoch in die Berge zum Mirador de San Simon und in das Herbergscafe

Das ist ein Erkundungsausflug nach unserem Geschmack! Mit dem Dinghy finden wir nach längerem Suchen die Möglichkeit anzulegen. Kurz vor einem schlammigen Ministrand erspäht Thomas sogar einen Rochen, der sich vor uns in Sicherheit bringt. Wir waten durch den Schlamm und binden Gandalf sorgfältig fest, wer weiß, wie hoch das Wasser noch steigt. Ständig ziehen neue Schauer heran, die immer wieder für kurze Zeit sintflutartig über uns hereinbrechen, sodass wir die Regenkleidung an- und ausziehen, denn es ist dennoch warm. Wir entdecken einen Pfad, der uns an Levadas entlang (sind wir schon in Portugal?) und durch Tunnel hindurch zum Bergdorf führt, wo wir plötzlich und unerwartet auf viele Pilger treffen, die offensichtlich gerade auf dem aus Portugal kommenden Jakobsweg Richtung Santiago unterwegs sind. Wir steigen schwitzend bergan zu einem Aussichtpunkt mit schönem Blick auf die Bucht, in der Frodo liegt. Hier sehen wir auch auf die Inselchen San Simon, die in der Vergangenheit sowohl als Gafängnisinseln als auch für Kureinrichtungen genutzt wurden. Später spazieren wir einen bequemen Weg entlang bis zu einer Quelle. Es herrscht Pilger – Hochbetrieb, durch die Luft schwirren portugiesische, spanische, englische, deutsche und italienische Sprachfetzen. Man reist zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit einem Wägelchen ausgastattet, hört teilweise laute Musik…. Im Dorf Cedeira (Übersetzung:Talkessel) kehren wir zu einem Cafe con leche in das Kulturzentrum ein, wo die Pilger eifrig Rast machen. Eine schöne Erfahrung mit der Erkenntnis, dass die Pilgerschar genau so vielfältig und bunt ist, wie diese Landschaft. Klitschnass erreichen wir zufrieden unser Zuhause auf dem Wasser. Am Nachmittag scheint dann wieder die Sonne und Thomas kann einen neuen Platz für den Außenborder bauen und diesen sogar noch warten.

Redondela-Flussstadt, Da Portela – Fischerdorf

Neugierig, wie es auf der anderen Seite der Bucht aussieht, machen wir uns auf den Weg nach Redondela. Die Anlandung gelingt zwischen Fischerbooten in da Portela und wir laufen zunächst durch das Dörfchen mit den üppig gestalteten Gärten. Hier wachsen Wein, Obst und Gemüse in Hülle und Fülle. In Redondela folgen wir dem Flusslauf, probieren kunstvoll gebackenen Kuchen aus der Bäckerei und suchen nach Proviant. Immer wieder fällt uns auf, wie lebendig die Städtchen sind, besonders am Nachmittag treffen sich alle Generationen im Freien, es gibt viele Spielplätze und Parks, man unterhält sich lautstark und beschäftigt sich miteinander. Im Freien sitzen die Frauen vor dem Kulturzentrum und schwatzen bei der Handarbeit, vor der Schule tummeln sich die Zehnjährigen beim ausgelassenen Fußballspiel, aber auch die Handys sind die ständigen Begleiter der Heranwachsenden. Über einen malerisch sich schlängelnden Spazierweg gelangen wir wieder zurück ins Fischerdorf. Der Flusslauf fasziniert uns sehr, eine solche Landschaft ist uns neu. Man kann sich in Anbetracht der Breite des Flusstals vorstellen, dass hier manchmal Wassermassen entlangrollen, die weitaus gewaltiger sind als das friedliche Sommerrinsal vor unseren Augen. Und da der Regen nicht aufhört, schreiben wir an unserer Webseite und hoffen, dass wir bald wieder etwas teilen können.

Auf in die Urlauberbucht Baiona

Wir haben extra den Wecker gestellt, damit wir die Fischer nicht verpassen, die morgens immer um die gleiche Zeit ihre Reusen einholen und wieder auswerfen. Unser Plan: Falls tatsächlich Netze oder Fangkörbe über unserer Ankerkette liegen, können uns die Fischer bestimmt helfen, alles zu entwirren. Dann geht es leichter als gedacht, wir kommen problemlos in Fahrt und lassen Vigo links liegen, um bis Baiona zu fahren. Dort gehen wir vor Anker und bereiten nach einem kleinen Spaziergang zur Festung den Abreisetag vor.

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